Heizzentrale des Nahwärmenetzes im Gewerbegebiet Bodenmais (Foto: ratioplan, Dollnstein)

Das Firmengebäude der ortsansässigen Sanitär- und Heizungsfirma Zelzer fungiert als Heizzentrale des Nahwärmenetzes im Gewerbegebiet Bodenmais. An die Außenfassade wurden dabei über eine Fläche von 110m² Solarthermie-Kollektoren eingebaut, welche eine tragende Säule im regenerativen Energiemix des Nahwärmenetzes spielen. (Foto: ratioplan, Dollnstein)

Kalte Nahwärme heizt bayerische Gemeinde Bodenmais

Die beschauliche niederbayerische Gemeinde Bodenmais - bekannt als attraktive Touristenregion mit gut 900.000 Übernachtungsgästen im Jahr - heizt als eine der ersten Gemeinden in Deutschland viele Gebäude der 3000-Seelen-Ortschaft über ein so genanntes „kaltes“ Nahwärmenetz. Das in einer Mischstruktur angelegte Gewerbegebiet hat sich sowohl mit seinen Privathaushalten als auch mit den ansässigen Gewerbetreibenden dazu entschlossen, sich mit kalter Nahwärme mit Hilfe von Wärmepumpen versorgen zu lassen. Das Gewerbegebiet Bodenmais soll so den Energieaufwand und auch seine CO2-Emissionen um rund 70% reduzieren.

Ausschlaggebend für eine autarke Energieversorgung der Anschlussteilnehmer über eine Fläche von 50.000 qm war zum einen, dass die meisten Anschlussteilnehmer eine veraltete Öl- oder Gasheizung besaßen und somit sowieso ein Anlagenaustausch auf dem Programm stand. Zum anderen standen für die Realisierung des kalten Nahwärmenetzes attraktive Fördergelder zur Verfügung. So konnten in Bodenmais gut 35% der Gesamtinvestitionen von 850.000 Euro eingespart werden, konkret knapp 300.000 Euro.

Das Konzept des kalten Nahwärmenetzes in Bodenmais ruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: der Nutzung erneuerbarer Energien und flexiblen Temperaturen, die sich dem tatsächlichen Verbrauch anpassen. In einem konventionellen Netz stellt die Heizzentrale permanent 70 bis 80°C warmes Wasser bereit. Während der Sommermonate gibt es aber zumeist nicht diesen Bedarf für solch hohe Temperaturen, so dass große Netzverluste entstehen. Um diese Verluste zu minimieren, wird das System im Sommer als so genanntes „kaltes Netz“ betrieben.

Dafür wird die Netztemperatur von Mai bis Ende September – in Bodenmais sogar von April bis Oktober - auf 20 bis 40 °C abgesenkt. Mit einem solchen „kalten“ Betriebsmodus lässt sich der Wärmebedarf der Anschlussteilnehmer in der warmen Jahreszeit vollständig durch erneuerbare Energien abdecken, in Bodenmais durch Solarthermie-Kollektoren an der Außenfassade der Heizzentrale. Durch das angrenzende Waldgebiet war zudem die Bereitstellung von Hackschnitzeln kein Problem, mit denen die 400kW Hackgut-Anlage in der Heizzentrale, dem Zentrum des Nahwärmesystems, betrieben werden kann. In den Wintermonaten dient ein Flüssiggas-BHKW mit 250 kW thermischer Leistung als zusätzliche Wärmequelle. Für Spitzenlastzeiten stützt ein weiterer Gaskessel mit 300 kW das System.

Als Heizzentrale ein Anbau an das Firmengebäude der Firma Zelzer. An die Außenfassade der Heizzentrale wurden dabei über eine Fläche von 110 m2 besagte Solarthermie-Kollektoren eingebaut. Mit fast fünf Stunden Sonnenscheindauer /Tag liegt die Region Bodenmais gut 10% über dem Jahresdurchschnitt im Bundesgebiet, so dass eine effiziente Auslastung der Solar-Kollektoren gewährleistet ist. Die technische Ausstattung der Heizzentrale wird komplettiert durch einen leistungsstarken Pufferspeicher mit einem 25.000 Liter Fassungsvermögen.

Hinzu kommen in der Peripherie für jeden der bisher 19 angeschlossenen Haushalte bzw. Gewerbetreibenden noch jeweils eine „kleine“ Wärmepumpe als Übergabestation sowie ein Speicher mit mindestens 500 Liter Fassungsvolumen. Die Wärmepumpen sind dabei jeweils auf ca. 50% der jeweiligen Gebäudeheizlast ausgelegt. Alle Komponenten sind über eine Datenleitung miteinander verbunden und können sich somit – dank einer hochkomplexen Regelungsleittechnik - über die jeweilige Wärmebereitstellung und den Bedarf der Verbraucher informieren.

Die Leitungsverlegung geschah in Bodenmais in zwei Phasen: Die erste Trasse wurde im Februar 2014 verlegt, die zweite Trasse im Oktober des gleichen Jahres. Und bereits drei Monate später waren alle Teilnehmer an das Wärmenetz angeschlossen. Wobei das kalte Nahwärmenetz in Bodenmais als offenes System konzipiert ist, was bedeutet, dass jederzeit neue Anschlussteilnehmer in das System integriert werden können.

Insgesamt beläuft sich die Trassenlänge zur Einbindung aller Netzteilnehmer auf nur 950 Meter. Diese relativ geringe Trassenlänge bedeutet sehr kurze Rohrleitungswege und damit eine Minimierung möglicher Wärmeverluste auf dem „Transportweg“. Dadurch kann die Anlage in Bodenmais äußerst energieeffizient arbeiten. Und auch über mehr Geld in der Haushaltskasse kann sich jeder angeschlossene Betrieb oder Haushalt in Bodenmais freuen, denn der Energieeinspareffekt liegt für jedes Gebäude – unabhängig ob privat oder gewerblich – bei mindestens 20%.

Steckbrief:
Kaltes Nahwärmenetz in Bodenmais

Objekt: Kaltes Nahwärmenetz
Ort: Bodenmais
Baujahr: 2015
Leistung in kW: 950kw
Beteiligte Unternehmen: Haustechnik Zelzer, ratioplan
Anwendung: Heizen
Wärmequellen: Solarthermie , Erdgas , Holz
Technik: Sole-Wasser-Wärmepumpe
Quelle: ratiotherm
Projekt vorschlagen

Entdecke alle Wärmepumpen in der Umgebung von Bodenmais

Sie heizen mit einer Wärmepumpe?

Stellen Sie hier anderen Interessierten Ihr Projekt vor!